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Der Revisor

von Nikolaj Gogol

Fassung des Theater Kanton Zürich nach einer Bearbeitung von John von Düffel. Rohübersetzung von Natascha Görde

STADTHAUPTMANN 
Meine Herrn, ich habe Sie hergebeten, um Ihnen eine höchst unangenehme Mitteilung zu machen: Ein Revisor kommt in unsere Stadt. Ein hoher Beamter aus Moskau. Inkognito. Ich habe es sozusagen geahnt. Die ganze Nacht habe ich von zwei gigantischen Ratten geträumt – schwarz und gefrässig. Sie kamen, fielen über alles her und hinterliessen ein Chaos! Ob Moskau sich dabei etwas denkt oder nicht, ich habe Sie jedenfalls gewarnt! Bringen Sie Ihre Angelegenheiten in Ordnung! Ich habe bereits gewisse Vorkehrungen getroffen und rate Ihnen allen dazu, besonders Ihnen, Filip Filippowitsch! Wenn dieser Beamte kommt, wird er die Krankenhäuser besichtigen – sorgen Sie dafür, dass alle Patienten ein sauberes Bett haben und nicht auf dem Boden herumliegen wie üblich! Tun Sie wenigstens so, als könnten Sie was für sie tun! Und verbieten Sie den Ärzten ihre schrecklichen Zigarren! Mir wird jedesmal schlecht von dem Qualm! – 

Eine kleine Gemeinde abseits der Hauptstadt, vergessen vom Rest der Welt, versinkt im Schlamm aus Korruption, Faulheit und Inkompetenz. Die Krankenhausflure sind in einem desolaten Zustand, der Gerichtsschreiber ist dauerbesoffen, der Richter glänzt durch Abwesenheit, da er seine Zeit lieber auf der Jagd verbringt. Alle anderen Honoratioren der Stadt verspielen und vertrinken die Gelder des Staates oder wirtschaften sich in die eigene Tasche. Ein herrliches Leben – bis sich die Nachrichtverbreitet, ein Revisor sei inkognito auf dem Weg in die Stadt. Als die völlig abgebrannte Katasterassistenin Chlestakowa eintrifft und prompt jeder in ihr die Revisorin vermutet, überschlagen sich die Ereignisse: Alle versuchen mit heiler Haut davonzukommen und Chlestakowa für sich zu gewinnen. Diese nutzt ihren neu gewonnenen Status schamlos aus, nimmt bereitwillig alle Vergünstigungen sowie Geldgeschenke an und scheut auch nicht vor falschen Eheversprechungen zurück. Bald steht die ganze Gemeinde Kopf…

Nikolaj Gogols berühmte Verwechslungskomödie von 1836 bietet einen amüsanten und boshaften Blick auf eine von der Finanzmisere betroffene klamme Gemeinde und zeigt ein Panoptikum unverdrossener und gedankenloser Spekulation in der Provinz. Es ist ein Stück über Korruption im Namen des Volkes und über Gier und Gemütlichkeit als Antriebe menschlichen Handelns. Gogol gibt die Habgier, Bestechlichkeit und Autoritätsgläubigkeit der gesellschaftlichen Elite der Lächerlichkeit preis. Eine Geschichte, die so doch niemals in einer Zürcher Gemeinde passieren könnte, oder?

Nikolaj Gogol zählt zu den wichtigsten Autoren des 19. Jahrhunderts. Zu seinen bekanntesten Werken zählen sein einziger Roman «Die toten Seelen» und die Komödie «Der Revisor». Er wurde 1809 in der Ukraine geboren und wuchs auf dem Gut seiner Eltern auf. Im Jahr 1835 gelang ihm der Durchbruch mit dem Erzähl- und Essaywerk «Arabesken». In derselben Zeit erschienen «Der Revisor» und «Die toten Seelen». Damit feierte er ausserordentliche Erfolge, fühlte sich aber in der Rezeption seiner Werke missverstanden. Dies führte zu einer manischen Reisetätigkeit, die ihn durch ganz Europa brachte. Fieber und Erschöpfung plagten ihn, und er geriet unter den starken Einfluss eines obskuren Oberpriesters. Auf dessen Drängen hin beendete er nicht nur seine schriftstellerische Tätigkeit, sondern verbrannte auch die Fortsetzung der «Toten Seelen». Gogol starb an den Folgen strengen religiösen Fastens im Alter von nur 42 Jahren.

Felix Prader, geboren 1952 in Zürich, begann als Regieassistent bei Horst Zankl am Theater am Neumarkt, war dann Assistent von Peter Stein, Klaus Michael Grüber und Robert Wilson an der Berliner Schaubühne, wo er mehrere Male inszenierte. Darüber hinaus arbeitete er u.a. in Genf, Basel, Bern, Zürich, Düsseldorf, Bochum, Köln, Mainz, in den USA, in Frankreich und in Spanien als freier Regisseur. Er ist Übersetzer von Theaterstücken, bearbeitete mehrere Romane für die Bühne und unterrichtete unter anderem an der französischen nationalen Schauspielschule in Strassburg und am Mozarteum in Salzburg. Letzte Saison hatte seine Inszenierung von Hermann Bahrs «Das Konzert» am Wiener Burgtheater Premiere. Am Theater Kanton Zürich inszenierte er «Die Grönholm-Methode», «Das Ende vom Anfang», «Der Gott des Gemetzels», «Volpone» und «Dinner für Spinner» .

Mit:

Nicolas BatthyanyKatharina von BockMichael von Burg, Judith Cuénod, Stefan LahrAndreas StormMiriam Wagner

Regie

Felix Prader

Bühne

Anja Furthmann

Kostüme

Jessica Karge

Premiere

15.12.2016

Spieldauer

ca. 90 Minuten. Keine Pause. // Alternativ: Pause nach dem 3. Akt nach ca. 60 Minuten

Trailer zum Stück

Pressezitate

«Der Geniestreich in dieser absehbaren Handlung ist freilich, den Revisor als Frau auftreten zu lassen.»
SRF Kultur

«Hier wird Chlestakow zur Chlestakowa – lebendig und facettenreich gespielt von Miriam Wagner.»
NZZ

«Leidenschaftlich, hysterisch und facettenreich.» zentralplus, Zug

«Das hat Logik und Schärfe … und logisch geschärft und glaubwürdig in die Absurdität geführt wird’s von einem hervorragenden Ensemble. Neben Miriam Wagner sind das: Katharina von Bock, Judith Cuénod, Nicolas Batthyany, Michael von Burg, Stefan Lahr und Andreas Storm. Die haben alle die feinste hysterische Präzision.»
Tages-Anzeiger

«In einer grossartig bildhaften Szene tischt die angebliche Revisorin immer spektakulärere Ammenmärchen aus Moskaus Hautvolee auf, während das atemlos lauschende Publikum sich in immer neuen Anordnungen mit ihr ins Bett legt.»
NZZ

«Ein grosser Theatergenuss.»
Der Landbote

«Ein hervorragendes Stück, ...das in der heutigen Zeit der politischen Inszenierung, Angstmacherei und Fake News aktueller ist denn je.» zentralplus, Zug

«Schauspielerin Miriam Wagner mit gut sichtbarem Babybauch spielt diese Revisorin als narzisstischen Orkan, der über die simplen Gemüter des Provinzkaffs hinwegfegt. … Das ist frech, frappiert und überzeugt in Sachen Aktualisierung. … Vor einer Revisorin wie dieser müsste man sich heute zu Recht fürchten.»
SRF Kultur

«Das Zusammentreffen des Stadthauptmanns mit Chlestakowa könnte besser nicht gespielt werden.» zentralplus, Zug